Neulich wollte ich nur schnell einen Artikel lesen. Stattdessen: Cookie-Banner, Pop-up-Fenster, ein sich drehendes Video, das plötzlich Ton abspielte – und irgendwo dazwischen war dann wohl mal der Text. Bin ich die Einzige, die das an den Rande des Wahnsinns treibt?
Vor mehr als 20 Jahren habe ich meine ersten digitalen Fußabdrücke hinterlassen. Ich gehöre zu der Generation, die mit einer gecrackten Photoshop-Version ihre ersten Schritte als Webdesignerin oder „Webmiss“ machte. Jede Woche sah die Website anders aus, inspiriert von den neuesten Layouts der damals großen „Designer“ – wir waren in Wahrheit alle nur Schüler mit zu viel Zeit und einem piepsenden Modem. „Mobile First“ war kein Thema, denn mobiles Surfen führte direkt in den finanziellen Ruin. Wichtig war vor allem, dass die Seite in Internet Explorer, Firefox und Co. korrekt angezeigt wurde. Aufwendige Layouts pressten wir in Frames, Tabellen oder – für die Profis – in Layer. Mit der Zeit wichen die vielen Grafiken charmanten CSS-Spielereien. Der Fokus lag oft mehr auf Design als auf Text, doch sie blieben lesbar und nutzbar
Dann kam die Erkenntnis, dass sich mit einer Website Geld verdienen lässt. Mit ihr verschwanden die großartigen Designs und persönlichen Texte, dafür kamen kurze, prägnante, reißerische Sätze, Headlines, die Hiobsbotschaften vermitteln, und Call-to-Actions, die aufploppen. Die Krönung waren und sind dann die Webseiten-Betreiber, die noch so etwas wie Google AdSense in ihre Webseite einbinden. Adsense-Werbungen sind für mich der Tod. Erkenne ich es im Header, Footer und Sidebar noch gerade so wo ein Adsense-Kästchen ist, ist es in den Texten meistens schwieriger und plötzlich lese ich was von einem tollen All-Inclusive-Resort in Ägypten, aber eigentlich ging der Text doch über etwas ganz anderes? Ich bin genervt.
Bei all dem möchte ich anmerken, dass Werbung an sich nichts Verwerfliches ist. Wenn sie dezent ist und passt – was sie aber sehr oft nicht ist. Wenn sie jedoch so ist, wie sie sehr oft ist – viel und unpassend –, frage ich mich: Lohnt es sich für Webseitenbetreiber wirklich so sehr, die Nutzerfreundlichkeit so dermaßen zu ignorieren?
Google AdSense ist wohl der bekannteste Anbieter für solche Werbung. Bezahlt wird entweder nach Impressionen (wie oft eine Anzeige sichtbar ist) oder nach Klicks (Wie oft wird dadrauf geklickt). Die Einnahmen hängen von der Kategorie ab, daher lässt sich schwer vorhersagen, wie viel am Monatsende übrig bleibt. Google bietet dafür einen Rechner an: Er geht von mindestens 50.000 Klicks pro Jahr aus – das sind über 4.000 pro Monat. Ausgezahlt wird in 1.000er-Schritten, pro 1.000 Klicks gibt es zwischen 12 Cent und knapp 4 Euro. Mein Triathlonblog, gestartet im Januar 2025, hat bisher 500 Klicks. Das reicht nicht einmal für einen Familienausflug zur Eisdiele – geschweige denn für einen Ägypten-Urlaub.
Ist es das Wert?
Nein.
Ich bin ein bekennender Fan von Usability und Nutzerfreundlichkeit auf Webseiten. Zugegeben, meine eigenen Seiten sind auch nicht perfekt. Etwas mehr Übersichtlichkeit und Barrierefreiheit könnten nicht schaden – daran arbeite ich.
Kurze Definition:
Usability im Webdesign bedeutet, dass eine Webseite einfach, intuitiv und angenehm zu nutzen ist – für echte Menschen, nicht nur für Klickzahlen.
Wichtige Aspekte:
- Übersichtlichkeit: Inhalte klar strukturiert
- Navigation: Nutzer finden schnell, was sie suchen
- Lesbarkeit: Schrift, Farben und Layout unterstützen das Lesen
- Barrierefreiheit: Auch Menschen mit Einschränkungen können die Seite nutzen
- Interaktivität: Buttons, Links und Formulare funktionieren zuverlässig
- Performance: Schnelle Ladezeiten, keine störenden Pop-ups oder übermäßige Werbung
Ich meide Webseiten, die mit Google AdSense & Co. überfrachtet sind, da dadurch die Lesbarkeit und Nutzerfreundlichkeit massiv leiden. Für ein paar Euro, die vielleicht dabei herausspringen, lohnt sich der Verlust an Usability für mich nicht. Aus meiner Sicht bringt eine gut ausgewählte Kooperation deutlich mehr, als die Webseite mit Werbebannern zu zukleistern. Sicherlich hängen beide Modelle von Klicks ab. Allerdings denke ich, dass die Klickzahlen in Zukunft eher sinken werden, da immer mehr Suchanfragen direkt über KIs, wie ChatGPT, beantwortet werden. Deshalb sind Kooperationen für Blogs oft nachhaltiger – solange man die Balance wahrt.
Natürlich könnte ich jetzt darüber schreiben, dass AdSense ständig ein bisschen Geld bringt, während eine Kooperation nur einmal gezahlt wird. Aber mal ehrlich: Nehmen wir mal an eine Kooperation würde einmalig 5 Euro bringen. Um denselben Betrag über AdSense zu verdienen – bei einem RPM von 0,12 Euro pro 1.000 Views – bräuchte ich 41.667 Seitenaufrufe. Mit einer Kooperation komme ich also viel schneller in den Genuss eines leckeren Eis – als mit AdSense.
Für mich zählt am Ende: Webseiten sollten zuerst für Menschen nutzbar sein – und nicht den letzten Nerv rauben, nur in der Hoffnung, dass ein Klick vorbeikommt und einen Groschen zum Flugticket nach Ägypten beisteuert.
Bild: Hal Gatewood auf Unsplash
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